Gedanken zum zweiten Fastensonntag 2022

Innerlichkeit anstatt Aktionismus Unvorhergesehene Ereignisse, schwierige Situation und anspruchsvolle Aufgaben begegnen allen Menschen. Im Kleinen und im Großen. Ob es persönliche Fragen und Herausforderungen sind, die für den Einzelnen riesig werden, weil sie lebensbestimmend sind, oder globale Herausforderungen wie Pandemien und Kriege. Sie sind leider überall präsent.

Wir alle wollen und müssen damit umgehen. Und zwar am besten schnell und effektiv. Wir wollen etwas tun. Aktiv werden! Die richtige Reaktion liegt ja meistens ganz offensichtlich auf der Hand, oder? Wie im Evangelium von diesem Sonntag. Im Lukasevangelium 9, 28-36 sehen die Jünger den verklärten Christus. In seiner ganzen Herrlichkeit mit Mose und Elija in einen strahlend weißen Gewand. Impulsiv ist die erste Reaktion doch klar: „Wir bauen Denkmäler, um das Erlebnis festzuhalten. Dann haben wir die Herrlichkeit Gottes bestätigt und können uns daran erinnern. Alles ist getan!“ So, oder so ähnlich muss man sich vermutlich die Gedanken der Jünger vorstellen.

Aber der Blick sollte sich eher auf unseren Lehrer konzentrieren. Auf Christus. Denn er gibt uns ein anderes Beispiel, wie wir mit außergewöhnlichen Situationen umgehen können. Er steigt mit den Jüngern auf den Berg, bevor seine Passion beginnt. Er tut dasselbe nochmal – und zwar am Tag vor seinem Leiden steigt er auf den Berg Gethsemane. Er weiß um große Herausforderungen – ja um das Leiden, das ihm bevorsteht. Er bereitet sich im Gebet vor. Und gibt den Jüngern ein Vorbild – und damit auch uns.

Das Beten bei Jesus ist Stille und Ruhe. Ein Hören auf Gott. Nicht impulsives Handeln, so wie es offensichtlich ist – so wie es die Jünger als direkte Reaktion vorhaben. Jesus ist das Gegenteil zu einem Aktionismus. Er gibt uns ein Beispiel des Gebets – zu einem in sich Hören und Hören auf Gott. Zu mehr Innerlichkeit. Wenn wir in unserem Leben mit schwierigen Situationen konfrontiert werden, ruft uns Christus zu mehr Innerlichkeit auf.

Einen Moment durchzuatmen, bevor wir reagieren. In der Ruhe und Stille auf ihn zu hören. Denn die Herrlichkeit Gottes tragen wir in uns, wenn wir auf Gottes Wort hören, der sagt: „Dieser ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören.“ Diese Herrlichkeit können wir dann weiter in die Welt tragen.

Beispiele, die uns zeigen, dass ein Zur-Ruhe-Kommen, in uns Gehen und Abwägen oft die bessere Variante ist gibt es viele. Im globalen Sinn die Frage zu stellen, ob es sinnvoller ist, dass man einen Angriffskrieg direkt und impulsiv mit einem weitgefächerten Gegenangriff der Weltgemeinschaft beantwortet und eine militärische Eskalation riskiert, oder es mit einer wirtschaftlich deutlichen aber weniger gewaltvollen Maßnahmen zu beantworten versucht. Im Kleinen die Frage, ob ich einer unangenehmen Sache in meinem Leben aus dem Weg gehe und vor mich hin schiebe oder sie angehe? Oder ob wenn ich mich zurecht behandelt fühle mit einem Verhalten antworte, dass vielleicht Öl ins Feuer einen möglichen Streits gießt, oder in mich gehe und eine auf eine Arte reagiert, dass die Situation friedlicher klärt?

Innerlichkeit statt Aktionismus. Die meisten Menschen neigen zu Aktionismus. Aber häufig ist der Zielführende Weg Herausforderungen anzugehen, nachdem ich Ruhe und Stille gesucht habe und Abgewogen habe. Also auf Gott gehört habe. Wie es das Evangelium zu kurz sagt: Gebetet habe.

Mit dem Evangelium im Blick können wir uns für die Fastenzeit eins vornehmen: Weniger Aktionismus und mehr Innerlichkeit. Ein Vorschlag von mir: Lesen Sie ein Evangelium mit Blick auf ihr eigenes Leben. Und vor allem versuchen Sie mal weniger direkt und impulsiv zu reagieren, und stattdessen erst einmal in sich zu gehen, ruhig zu werden und abzuwägen – also auf Christus zu hören und zu beten.

Sebastian Vieth

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