Liebe Leser:innen,
die Kinder haben Ferien, einige Erwachsene haben sich frei genommen und
an vielen Orten wird Urlaub gemacht. Willkommen im Sommerloch! Diese oft
etwas ruhigere, nachrichtenärmere Zeit liefert uns ein sehr bekanntes
Evangelium.
Am heutigen Sonntag ist das Wunder von der Brotvermehrung dran. Ich bin
sicher, diesen Text schon aus dem Kindergarten zu kennen. Er ist ja auch
sehr anschaulich. Wenn ich von der großen Menschenmenge höre, die
Jesus ans Ufer des Sees von Tiberias gefolgt ist, habe ich direkt viele
Menschen vor Augen. Ich sehe neugierige und freundliche, aber auch
skeptisch-zweifelnde Gesichter. Diese Menschen haben ihre jeweiligen
Biografien im Gepäck, würden Jesus vielleicht gerne ihre persönlichen
Anliegen schildern. Sie sind ihm nachgelaufen, weil sie die Zeichen
gesehen haben, die er an den Kranken getan hat (Vgl. V.2). Sie setzen
ihre Hoffnung in ihn.
Klar, dass sich nach so einem Wanderprediger-Tag ein Hüngerchen meldet.
Wir könnten uns fragen, warum die Provianttaschen nicht gut gefüllt
sind. Sind die Menschen so arm, dass sie nichts dabeihaben? Oder sind
viele einfach losgelaufen, als sie davon gehört haben, dass Jesus in
der Nähe ist? Hier scheint der Veranstalter für das Catering
verantwortlich zu sein, doch die eingeplanten 200 Denare werden für die
Verköstigung der Menge nicht reichen. Der kurze Dialog zwischen Jesus
und Philippus zeigt an, dass ein Zeichen vorbereitet wird. Jetzt kommt
– und das ist mir sehr sympathisch – ein kleiner Junge ins Spiel. Er
hat etwas gefunden. Fünf Gerstenbrote und zwei Fische hat er dabei.
Immerhin. Doch das ist zu wenig. Dennoch sollen sich alle setzen und das
Wenige miteinander teilen.
Der Plan geht auf. Alle werden satt und die Reste füllen zwölf Körbe!
Das Wunder der Speisung der Menge hat funktioniert. Mit dem Dankgebet
und der einfachen Geste des Teilens wurden über Fünftausend Menschen
sattgemacht.
Aber ist das eigentliche Wunder nicht vielleicht, dass in dieser
Mangelsituation niemand aggressiv wird, dass keine Tumulte entstehen?
Ist es nicht wunderbar, dass ausgerechnet ein unbedeutendes Kind das
Material zum Teilen liefert?
Für die Volksmenge ist dieses Erlebnis die Bestätigung, dass Jesus der
Prophet ist, auf den sie gewartet haben (Vgl. V.14). Jesus aber ahnt
hier bereits seine Passion voraus. Es gefällt mir, dass der Evangelist
Johannes hier einen Jesus zeichnet, der die Erlebnisse anscheinend
verarbeiten muss und sich deshalb allein auf den Berg zurückzieht.
Ich möchte mir etwas für die kommende Woche vornehmen. Nach dem Essen
etwas Stille. Einfach durchatmen um nicht sofort wieder in den Trubel
des Tages zu stürzen.
Einen gesegneten Sonntag wünscht
Florian Bundesmann