Biblische Diagnostik?

Gedanken zum 5. Sonntag der Osterzeit

So lautete die Diagnose. Es handelte sich um die Verwirrung bis in die Herzwurzelspitze. Die Symptome waren die Gefühle aus Unsicherheit, Schwäche und Angst. Die Hände waren ohne Halt. Die Füße waren ohne Boden. Die Gedanken schwebten durch Raum und Zeit. Die Ohren hörten alles und vernahmen nichts. Die Augen waren weit geöffnet und leer. Das Leben hatte sich in ungewohnter Weise breit gemacht. Es war eine Verlorenheit eingetreten und ließ kein freies Atmen zu. Der Fall in die Gefangenschaft des Unbekannten war unaufhaltsam. In der Umgebung ging alles weiter. Es war ein Funktionieren in Gewohnheit. Der stumme Hilfeschrei wurde nicht wahrgenommen. Selbst eine Nähe verlor sich in Unendlichkeiten und war bedrückend. Erinnerungen an eine Hoffnung wurden unterdrückt und verschwiegen. Die Argumente wachsamer Vernunft waren ausgeschaltet. Es war eine Kapitulation vor tiefer Dunkelheit. Der Kraft zum Lichtblick wurde nicht vertraut. Die absolute Dunkelheit hatte den Sieg davongetragen. Der Herzschlag war ein fremdes Trommeln in Bedrohung. Die Sinne waren auseinandergelaufen und durchirrten das Labyrinth der Verzweiflung. Die Stimmigkeit der Diagnose aber lief mit einem Mal ins leer und verlor umfassend an Bedeutung. Es gibt so viele Lebensphänomene mit der Macht das Herz und ebenso den Geist bis in die Tiefen zu erschrecken. Doch mehr als das ist ihnen nicht gegeben. Sie verfügen nicht über den Trumpf der letzten Wirklichkeit. Mit einer leichten Handbewegung sind ihnen klare Grenzen aufgezeigt und sie verziehen sich in ihre Ecke. Für jedes Menschenherz ist eine Zusage aus Liebe und aus Freundschaft wie eine Brücke in eine neue Wirklichkeit. Die Botschaft lautet: „Lasst euch nicht verwirren!“ Erlöste und befreite Menschen kennen ihren Weg und schenken ihm Vertrauen. Der Weg in diese Gott geschenkte Weite ist ausgestattet mit der Unabhängigkeit von Dunkelheit und Hoffnungslosigkeit. Das ist die Botschaft: „Hab keine Angst und geh den Spuren nach, die unverfehlbar sind!“ Das ist die Antwort: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ So geht es immer weiter, immer freier bis nach Hause.

Jürgen Kuhn

Ich gehe durch die Wunder meiner eigenen Alltäglichkeit mit Meilensteinen,
die mir schon vertraut sind und Fragen,
deren Antwort ich noch suche. Du bist bei mir.
Ich denke durch die Wolken
meiner Stimmungslagen
mit Tönen, die mich froh und glücklich machen,
und mit Geräuschen,
denen ich im Augenblick
nicht trauen möchte.
Du bist in mir.
Ich ruhe in der Stille
meiner sicheren Geborgenheit
mit einer Einheit
über alle Gegensätze weit hinaus, und lebe mein Erwachen
in die Welt um mich herum,

das aller Wahrheit
vehement zu widersprechen scheint. Du bist mit mir.
Ich sehe meine Wirklichkeit und ahne meine Möglichkeiten mit Licht und Luft
und weiter Freiheit
und fühle in mir Zweifel
wie in einen Abgrund ohne Halt und Antwort.
Du bist da.



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