Gedanken zum 28. Sonntag im Jahreskreis 2024

Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt. (Mk 10,17-30)

Kennen Sie, liebe Leserin, lieber Leser, ein Bild mit dem Titel „Der breite und der schmale Weg“? Wenn Sie im Internet recherchieren, finden sie aus unterschiedlichen Zeiten Bilder, Grafiken und Illustrationen unter diesem Titel. Die Bilder haben zwei Hälften. Meist in der linken Hälfte ist „Das Reich der Welt“ dargestellt. Auf einem breiten, bequemen Weg finden sich allerlei Laster und Vergnügungen der Welt, wie sie in der Entstehungszeit des Bildes üblich waren, also etwa Trinkgelage, Tanzveranstaltungen, Theater oder Masken- bälle. Der Weg führt aber geradewegs in Streit, Gewalt, Krieg, Zerstörung und schließlich in den Untergang, der oft mit Teufelsfiguren garniert ist. Die rechte Hälfte des Bildes zeigt das Reich Gottes. Der Weg dort ist schmal und steil, aber angefüllt mit Tugend, Enthaltsamkeit, Kirchenbesuchen, Sonntagsschule und führt schließlich zum Heil, das wie ein Berggipfel zwischen den Wolken schimmert.

Meist ist deutlich lesbar über oder unter dem Bild eine Zeile aus dem heutigen Sonntagsevangelium zu lesen: „Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“

Diese Darstellung scheint auf den ersten Blick eine korrekte Umsetzung des Bibelverses zu sein. Alle Vergnü- gungen scheinen Laster zu sein, die den Charakter verderben, während das tugendhafte Leben voller Entsa- gung und Ernsthaftigkeit schließlich zum Heil führt. Man könnte die Darstellung zuspitzen zu der These, dass alles, was Spaß macht, in die Hölle führt und nur das, was weh tut, uns in den Himmel bringt.

Heute ist es angezeigt, diese Zuspitzung zu widerlegen: Die auf den ersten Blick schlüssige Umsetzung des heutigen Evangeliums führt genau zum Gegenteil der Frohen Botschaft Jesu!

Wenn Sie, liebe Leserin und lieber Leser, in sich hineinhören und überlegen, was Ihnen in letzter Zeit wirklich Freude bereitet hat, was fällt Ihnen da ein? Ein gutes, ehrliches Gespräch? Ein gemütliches gemeinsames Essen mit lieben Menschen? Der Genuss einer Kulturveranstaltung? Unbeschwertes Kinderlachen? Ein lauer Sommerabend im Garten mit Menschen, die sie lieben? Gemeinsam etwas teilen und füreinander dasein? Stolz auf jemanden sein? Je länger wir nachdenken, um so mehr fällt auf, dass es das Verhalten im Sinne Jesu ist, was Freude macht, nämlich Ehrlichkeit, Mitmenschlichkeit, Friedfertigkeit, Vertrauen, Gemeinschaft und vieles mehr. Es ist nicht der Weg der Verbissenheit, des Verzichts und der Selbstkasteiung, der zum Himmel führt. Der Weg zum Himmel ist gepflastert mit Freude und wohltuender Herzenswärme. Es ist ein von Grund auf gutes Gefühl, den Weg des Evangeliums zu gehen.

Fragen Sie einmal nach bei den Menschen, die sich in unserer Pfarrei ehrenamtlich engagieren, beim Mit- tagstisch in Hamme, bei den Kleiderkammern in Hamme oder in der Propstei, im Café Himmelreich, bei den Seniorencafés im Ehrenfeld, in Riemke oder in Hofstede, bei den Chören und Orchestern, bei Wortgottesfei- erleiter*innen, Lektor*innen, Kommunionhelfer*innen, Messdiener*innen, bei KJG und Pfadfinder*innen und vielen anderen. Sie werden erfahren, mit welcher Freude und Begeisterung diese Menschen von ihrem Ehrenamt berichten. Sie werden sofort spüren, der Weg des Evangeliums ist schön und macht Freude!

So beten wir heute mit der Heiligen Theresia von Avila: „Gott, bewahre mich vor griesgrämigen Heiligen!“

Ihnen und allen, die Ihnen am Herzen liegen, wünsche ich einen gesegneten Sonntag, eine gute neue Woche und viele schöne Erlebnisse, die Ihnen Freude machen.

Ihr Winfried Rottenecker, Diakon

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