Wieso ist das so?

Gedanken zum 15. Sonntag im Jahreskreis

Ein anderer Teil aber fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach (Mt 13,1-23)


Während der Verfasser die Gedanken für diesen Text schweifen lässt, stellt er sich vor, dass Sie, liebe Leserin und lieber Leser, einen angenehmen Platz gefunden haben – draußen im Schatten, ein laues Lüftchen sorgt für ein wenig Kühlung, vielleicht mit einem kalten Getränk oder einem Eis in der Hand. Es ist Sommerzeit, Zeit für Ferien und Erholung. Der Verfasser stellt sich vor, dass irgendwo Kinder im Planschbecken spielen, die Vögel in den Ästen zwitschern, dass irgendein Nachbar den Grill anheizt und ein verheißungsvoller Duft die Runde macht. Vielleicht haben Sie einen weiten Blick bis zum Horizont, wo ein Mähdrescher schwer beschäftigt ist.

Dieser Moment der Erholung, des inneren Friedens und der Zufriedenheit sei Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, von Herzen gegönnt.

Ein solcher Moment macht einerseits dankbar. Andererseits macht er nachdenklich. Wie kommt es, dass solche Momente so selten und so schnell wieder vorbei sind? In leicht philosophischer Anwandlung fragt sich der Mensch, warum wir nicht immer so friedlich, so einvernehmlich und so zufrieden zusammenleben können.

Warum gibt es in unserer Gesellschaft, in unserer Nachbarschaft und auch in der Kirche so viele Menschen, die ihre Vorstellungen mit Gewalt durchsetzen, ohne Rücksicht auf andere, die sich an keine Absprachen halten, nur um am Schluss als Sieger dazustehen, wofür und gegen wen auch immer? Und warum gibt es so viele, die unter diesen Methoden leiden müssen?

Warum gibt es umgekehrt so viele Menschen, die sich so intensiv für die Gesellschaft, für die Nachbarschaft und auch in der Kirche einsetzen, so viel Engagement, Zeit und andere Mittel für den guten Zweck investieren und am Ende des Tages doch wieder den Eindruck haben, viel zu wenig erreicht zu haben? Und warum gibt es so viele, die dieses Engagement so schamlos ausnutzen?

Warum gibt es so viele Menschen, denen alles egal ist, solange die eigenen Wünsche erfüllt werden, die sich bedienen lassen, aber als erste weg sind, wenn sie einmal gebraucht werden, die alles mit- nehmen, was ihnen angeboten wird, aber nie bereit sind, auch etwas zu geben? Und warum gibt es so viele, die sich immer wieder mit diesen abgeben und doch nur enttäuscht werden?

Der philosophischen Anwandlung des Augenblicks ist es geschuldet, dass der Mensch weiterfragt: Wie kommt es, dass solche Augenblicke so selten sind, dass sie nicht erzwungen, hergestellt oder gekauft werden können, sondern immer ein Geschenk sind? Woran liegt es, dass es mir gerade jetzt so gut geht, während andere leiden müssen? Wie kommt es, dass wir uns manchmal so vergeblich abmühen, während uns zu anderen Zeiten der Erfolg in den Schoß fällt? Wir sind doch für unsere Handlungen verantwortlich und wir sind zu Baumeisterinnen und Baumeistern einer besseren Welt berufen, aber wie können wir dafür sorgen, dass das Gute, das wir säen, auch Früchte bringt?

Liebe Leserin und liebe Leser, ich wünsche Ihnen von Herzen einen friedlichen Sommer, in dem Sie sich erholen und neue Kräfte sammeln können, in dem Sie möglichst viele dieser geschenkten Momente der Gelassenheit und Zufriedenheit erleben, dass für Sie in diesen Momenten ein weiteres kaltes Getränk oder ein weiteres Eis zur Verfügung stehen und dass in Ihnen die Gewissheit wächst, dass das Reich Gottes nicht erzwungen werden kann, weder durch Gewalt noch durch übermäßig gute Taten, dass es sich aber auch nicht aufhalten lässt. Das Gute, das wir säen, bringt Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach.

Ihnen und allen, die zu Ihnen gehören, wünsche ich einen gesegneten Sonntag
Ihr Winfried Rottenecker, Diakon

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