Gedanken zum 33. Sonntag im Jahreskreis
Die Frage stellt sich häufig, wenn danach gefragt ist, wie wir als (katholische) Christ*innen leben wollen. Die Theologie versucht mit wissenschaftlichen Methoden Antwortmöglichkeiten zu finden. Nur erscheinen diese Vorschläge häufig als wenig hilfreich für die konkrete Situation und/oder wahnsinnig kompliziert.
Schaue ich mir das heutige Gleichnis des Sonntagsevangeliums an, dann ist es ähnlich, ich kann nur bedingt nachvollziehen, warum Jesus entscheidet, wie er entscheidet.
Ein Mensch vertraut vor Beginn einer Reise seinen Mitarbeitenden Geld an. Zwei von ihnen machen damit verschiedene Dinge und erwirtschaften Gewinn. Sie mehren das Geld und geben dem Rückkehrenden mehr Geld zurück, als sie von ihm bekommen haben. Der Reisende ist stolz auf sie und lobt. Eine anderer nimmt das Geld an sich, versteckt es und gibt es in derselben Form zurück, wie er es bekommen hat. Der Reisende wird sauer, nimmt ihm das Geld ab und schickt ihn weg.
Ich kann das Gleichnis als Einladung lesen, das, was mir als Menschen geschenkt wurde, für die Sache einzusetzen, meine Talente zu nutzen, um mehr aus ihnen zu machen, mich selbst weiterzubilden und auch anderen dadurch Gutes zu tun. Wer sein Kapital, seine Talente aber nicht nutzt, gehört bestraft.
Das wäre die „klassische“ Lesart.
Und die erscheint mir mit Blick auf den Menschen in gewisser Weise schlüssig, wäre es doch schade, all das, was Gott uns an Fähigkeiten geschenkt hat, nicht zu nutzen.
Und trotzdem lässt diese Lesart mich fragen …
Wieso wird jemand bestraft, der das, was er erhalten hat, in seiner ursprünglichen Form zurückgibt. Er hat bewahrt, was er bekommen hat und es nicht den menschlichen „Regeln“von Profit, Maximierung, Anpassung, Erweiterung unterzogen. Er gab es einfach unverändert zurück.
Ist es nicht gewünscht, bei dem zu bleiben, was wir haben? Muss immer alles größer, schneller, höher, weiter gehen?
Wenn ich diese Frage auf den Glauben, auf die Frohe Botschaft, beziehe, wie wollen wir denn Gemeinde leben? Immer größer, schneller, höher? Was glauben (katholische) Christ*innen, wie glauben sie? Wie im Anfang oder in verschiedensten veränderten Formen?
Und da kommt dann doch die Theologie ins Spiel.
Diese Fragen sind wesentlich für das, was Christ*in sein heute ausmacht. Es sind die Fragen nach dem, was Gott uns geschenkt hat. Die Fragen danach, wie wir mit unseren Berufungen umgehen, was das für das Leben als Glaubende bedeutet. Wir müssen nach den Formen, der Sprache, den Orten gelebten Glaubens suchen. Und wir werden sie finden:
Manchmal darin, dass wir das uns Anvertraute nehmen und mehren.
Und manchmal darin, dass wir uns auf den Ursprung besinnen, auf die Geschichten des Anfangs.
Dabei kann uns die Theologie, das sortierte Fragen nach Gott, helfen, weil sie den Blick weitet auf das, was in der Geschichte an den verschiedensten Orten mit den unterschiedlichsten Menschen war.
Sie liefert uns aber keine eindeutige Antwort, sondern vorsichtige Antwortversuche, die inspirieren können für das, was in Zukunft Christ*in-Sein ausmachen wird.
Ich wünsche uns allen Entdeckergeist und Neugierde, das zu nutzen, was uns geschenkt wurde – in Alltäglichen wie in der Frage nach der Zukunft – indem wir es mehre UND uns inspirieren lassen von dem, was am Anfang war: Das Wort, das Gott ist, und das in die Welt kam.
Sophie Kölsch