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Impuls zum zweiten Adventssonntag, 4.12.2022

Impuls für Sonntag, 04.12.2022

Wenn Herz und Lippen
getrennte Wege gehen,
ist die Zeit gekommen,
mit gesundem Menschenverstand neue Ordnung zu schaffen.
Wenn schwere Worte leicht gesprochen werden, füllt sich der Raum
mit störenden Geräuschen.
Wenn Großes
an der Oberfläche kleingeredet wird, entsteht die traurige Leere
kalter Unverbindlichkeiten.
Ein voller Tag
bietet genügend Möglichkeiten,
der Sprechbedürftigkeit
ausreichende Betätigungsfelder zu bereiten. Die meisten Worte innerhalb
von vierundzwanzig Stunden
sind schnell gesagt und bald verklungen.
An Lebensruhepunkten können Gedankenworte unvermittelt wahr
und zum Gebet werden.
Am Straßenrand
Nach einem langen Jahr ist es Winter geworden. In der Dämmerung kündigt sich die Nacht an. Bis hierher hat ein weiter Weg geführt. Müdigkeit hat sich dazugesellt. Eine Bank am Straßenrand lädt ein zur Ruhe. Im Blick auf die eigenen Spuren im Schnee kommen Gedanken. Sie reichen weit zurück und machen an vielen Stationen Halt. Am Anfang war das Gehen kinderleicht. Gesichter tauchen auf in der Erinnerung.
Ein helles Frühlingslachen klingt herüber. Die ersten Schritte waren schön und schwerelos. Mit einem Mal ist die Gedankenwelt geöffnet für das ganz Normale. Die Geschwindigkeit ist längst erhöht. Der Weg wird ernster. Es geht vorbei an Orten und an Menschen. Erlebtes geht vorüber und lässt ein Lächeln oder eine Träne für das Weitere zurück. Bisweilen trennen sich die Lippen und das Herz und gehen ihre eigenen Wege. Macht und Erfolg sind Glücksgefühle.
Mit einem Vorrat an Verstand und Körperkraft ist immer Neues zu erreichen.
Die Angebote eines Augenblicks sind immer angenommen worden. Im Rückblick wurde nichts versäumt. Es ist ein ganz normaler Weg mit einem ganz normalen Ziel. Es gibt so viel zu denken. Es sind so viele Erinnerungen. In der Müdigkeit am Straßenrand tritt eine tiefe Ruhe ein. Das setzt sich Gott daneben. Er kam bisher so gut wie gar nicht vor. Dennoch wird er sofort erkannt und wahrgenommen. Er muss wohl immer unerkannt dabei gewesen sein.
Das muss wohl so gewesen sein, an jedem Ort und zu jeder Zeit. Er wirkt auch so vertraut und in keiner Weise fremd. So entsteht an diesem Winterabend auf jener Bank am Straßenrand ein Gottgespräch. Am Ende dieses Weges gilt nur die Gegenwart. Vergangenes und Zukünftiges verschmelzen in einander. Es zählt jetzt nur der eine Punkt. „Ich habe selten an dich gedacht. Mein Weg war schön und meistens fehlte mir die Zeit für dich.
Ab und zu habe ich mich auch verlaufen und in meiner Eile auch verrannt.“ Menschenaugen blicken frei in Gottesaugen. „Ich habe dich bisher begleitet. Doch es war bisher zu früh. Du stehst bisher zu sehr in deinen eigenen Diensten. Doch jetzt will ich Dich für meine Sache gewinnen.“ So gehen Gottesworte in ein Menschenherz. „Ist es denn nicht zu spät für einen neuen Anfang?

Mein Weg ist fast zu Ende. Es ist Winterabend. Zudem bin ich beladen mit der Last von Fehlerhaftigkeiten. Ich war nicht immer gut. Ich bin bestimmt nicht gut genug für deine Sache.“ Doch Menschenfragen finden eine Gottesantwort. „Doch, du bist gut. Für meine Sache bist du gut genug. Am Ende ist deine Freiheit größer als am Anfang.
Du hast Erfahrungen gesammelt und die Winde eines langen Weges bis in deinem Innersten gefühlt. Du hast den falschen Ehrgeiz abgelegt. Bei dir ist Ruhe eingekehrt. Das Feuer in dir bringt nun liebevolle Wärme. Du bist nun reif für meinen Dienst.“ Die Menschenohren geben der Gottesnachricht freies Geleit und lassen sie ankommen. „Wenn du mich für deine Sache gebrauchen kannst, dann bin ich mit dabei. Du hast ja recht.
Der Weg hat mich geprägt und auch verändert. Ich danke dir für dein langes Warten und für deine große Geduld. Ich hätte nicht gedacht, dass mir der Dienst an deiner Sache noch einmal so wichtig wird. Doch bleibe bitte weiterhin bei mir. Dann will ich gerne mit der neuen Kraft und einer neuen Liebe meinen Weg solange weitergehen, bis du mir ein Zeichen gibst.“ Gott antwortet mit einem sanften Nicken, und beide gehen weiter in ein neues Menschenleben.
Elisabeth Lukas hat ein Buch mit dem Titel geschrieben: Heute ist der erste Tag vom Rest deines Lebens. Das lädt ein zum Nachdenken und bringt die Vermutung zum Vorschein, dass die verbleibenden Tage gezählt sind.
Darin liegt Endlichkeit. Gezählte Tage werden wertvoll. Es wäre ein Verlust, auch nur einen davon zu versäumen oder gar zu verlieren. Und in der Frage, wie viele es denn wohl noch sein werden, entsteht eine wache Aufmerksamkeit, die sehr behutsam mit dem Zeitvorrat ins Leben geht. Die biblische Information von der Taufe mit Feuer und Geist zeigt einen Weg zu einem Glaubensbewusstsein und zu einem bewussten und absichtlichen Glaubensleben.
Das Feuer steht für die Freiheit und die Weite unverdorbener Gedanken, in denen Liebe und Frieden einen unschätzbaren und unerschöpflichen Nährboden finden. Die Taufe steht für die existentielle Veränderung und für den Neubeginn als Menschen, die es wirklich sind. Sie sind der Schöpfungsfaktor eines ganzen Universums und noch weiter, in dem sich Gottes Gegenwart zum Wohlbefinden aller zu erkennen gibt.
Nachdenklichkeit
Heiß wurde mir das Herz in der Brust, / bei meinem Grübeln brennt ein Feuer; da redete ich mit meiner Zunge.
Ps 39, 4
Nachgedanken sind Kerzen
im Luftstrom von Entscheidungen und Absichten,
von Stimmungslagen und Gemütszuständen.
Sie bringen Ruhe
und ein tiefentspanntes
Ein- und Ausatmen.
Sie wühlen auf und
führen zu Bewegung.
Sie führen ins Bewusstsein, wenn sie zugelassen werden.
Sie sind ein Denk-Mal,
zu unterscheiden von Figuren auf den Plätzen,
sie sind ein Denk-Mal-Nach mit einem Schlüssel
zu der Wirklichkeit.
Von ihrem Wesen her befassen sie sich mit

Gegebenheiten.
Sie halten Nachbetrachtung zur Realisierung von Ereignissen.
Ein guter Nachgedanke
lässt behutsam werden.
Er führt Begegnungen zur Achtsamkeit und zur Erkenntnis. Ein guter Nachgedanke
lässt Personen und Er-Lebnisse bedeutsam werden
und kennt den Weg heraus
aus Oberflächlichkeit
und auch Gedankenlosigkeit.
Mein Gott,
ich weiß,
dass du mich denkst.
Ich lasse dieses Wissen
in mir zu:
ohne Beweise,
nur in dem Vertrauen, dass ich mich auf dich verlassen kann.
Gib mir den Anstoß, nachdenklich zu sein,
den Dingen nachzugehen und ihnen nachzudenken. Lass mich im Nachdenken begreifen und verstehen, wer ich bin und wie ich bin. Lass mich in deinem Licht gute Gedanken denken, die mich der Wahrheit näherbringen,
die allem innewohnt.
Lass mich darüber nachdenken, dass hinter jedem Ziel
ein neues auf mich wartet,
dass jede Weisheit und Erkenntnis immer nur ein Hinweis darauf ist, nicht aufzugehen,
sondern weiter nachzudenken und zu suchen.

Pastor Jürgen Kuhn

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