Nie wieder ist jetzt!

Gedanken zum 6. Sonntag im Jahreskreis

10. Januar 2024 – Die Essener Rechercheplattform Correctiv veröffentlicht Informationen über ein Treffen hochrangiger Menschen, die einen ‚Geheimplan gegen Deutschland‘ verfassen.[1] Millionen Menschen wollen sie aus Deutschland vertreiben. Rassismus leitet sie. Rassistisch sind die Kriterien, nach denen sie Menschen bewerten und ausschließen. 

Die Folge: Hunderttausende Menschen gehen auf die Straßen, machen deutlich: Rechtsextremes Gedankengut lehnen sie ab. Sie stehen ein für Demokratie und für einen Rechtsstaat, in dem die Würde des Menschen unantastbar bleibt. Für eine Gesellschaft, in der Rassismus keinen Platz mehr hat. 

Einen Monat später hören wir von Jesus, der vermutlich heute mit auf der Straße stünde und sich für Menschenrechte und gegen Hass und Ausgrenzung einsetzt. 

Jesus rehabilitiert den Ausgeschlossenen. Er wurde zum Ausgeschlossenen, weil die Menschen etwas Allgemeines über ihn zu wissen glaubten. Sie hatten sich eine Idee zusammengelegt, mit der sie rechtfertigten, warum er nicht mehr Teil dieser Gesellschaft sein könne. 

Nichts anderes steckt hinter Rassismus. Im 19. Jahrhundert wurden Klischees über die vermeintlich überlegene weiße Gesellschaft pseudo-wissenschaftlich als Wahrheit gesetzt mit dem Ziel, alle nicht-weißen Menschen unterzuordnen bzw. auszuschließen.[2]

Diese Bemühungen sind wissenschaftlich mittlerweile breit widerlegt, doch die Idee, dass weiße Menschen überlegen wären und BIPoC (Selbstbezeichnung schwarzer, indigener und Person of Color) deshalb Menschen zweiter Klasse sind, mit denen man umspringen kann, wie es einem gerade passt, hält sich wacker, wie die Ergebnisse von Correctiv und die politischen Entwicklungen in Deutschland, die mir große Angst machen, zeigen. 

Und dann höre ich von diesem Jesus, der mit all den gesellschaftlichen Konventionen bricht und die vermeintlichen Regeln außer Kraft setzt. Der dem Aussätzigen den Aussatz nimmt. Er integriert ihn in die Gesellschaft, indem er dem Unterschied, mit dem die Ausgrenzung vermeintlich gerechtfertigt wird, keine Macht mehr gibt.

Jesus macht sich damit keine Freunde. Und auch diese Erfahrung kann heute jede*r teilen, der*die sich offen gegen Rassismus und rechtsextremes Gedankengut positioniert. Denn die Fronten sind verhärtet. Die Meinungen polarisieren. Doch ist das Grund zum Schweigen? 

Jesus hat weitergemacht. Sein ganzes Leben, sogar über seinen Tod hinaus, hat er Gerechtigkeit, Gemeinschaft und das Überwinden aller ausgrenzender Tendenzen, kurzum – das Reich Gottes – verkündet. 

Auch wir haben als Christ*innen heute Anteil daran, das Reich Gottes in dieser Welt zu verwirklichen. Daraus leitet sich für mich auch der Auftrag ab, Rassismus und Antisemitismus keine Chance zu geben und mich offen solidarisch für die Würde aller Menschen einzusetzen. 

Denn nie wieder ist jetzt. Und es ist dringend. 

Sophie Kölsch


[1] https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/

[2] https://www.bpb.de/mediathek/video/178985/die-entstehung-des-rassismus/

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